Schriften zu Martin Schmid

Katalog Martin Schmid
Ausstellung 2002
Bundesministerium der Justitz Berlin

Katalog PDF Download >>

Zitate

Uwe Kossack, 1992

» Das ist Martin Schmids Selbsterfahrung: Dinge erfahren, die er noch nicht weiß. Wobei das Wissen wie eine zweite Stimme die spontane Erkundung des Pinsels begleitet. Durch die mitlaufende Reflexion wird die malende Natur zur Freiheit und zum Besitz. Ohne die intellektuelle zweite Stimme wäre das immer neue Aufbrechen in die Welt nicht auszuhalten. Zwangsläufig ist Martin Schmid einer der reflektiertesten Künstler unserer Tage. In dem Maße, in dem sich seine Bildwelt unendlich verzweigt und wieder zusammenschließt, verzweigt und vereinigt sich sein Wissen der Welt. Es gibt in der Geschichte wenige dieser künstlerischen Doppelnaturen, Novalis war eine und Friedrich Schlegel.

So beginnt ein Bild, autonom, ohne das Ziel vorauszusehen. Wo aber die Absicht nicht vom Tun getrennt werden kann, da wird der Malvorgang zum realen Vorgang, zunächst in der Psyche, dann in der Bildwelt. Und nun können Sie beides vertauschen: Die Seele ist die Bildwelt, die Bildwelt ist die Seele.

Martin Schmid setzt nichts voraus, außer der Ganzheit, dem einen System, in dem das Objekt nicht vom Subjekt, das Innen nicht vom Außen, das Sehen nicht von der Sache getrennt ist. Das heißt nun für die Gegenstände in den Bildern, daß sie sich nicht ausschließen dürfen. Mehr noch: sie gleichen einander, sie bilden einander ab: So wird das phallische Triebsymbol zu einer Hand, eine Hand, die gleichzeitig ein Kopf ist, und zuletzt verkörpert sich diese Kopf-Hand in einem Baum oder etwas anderem. Es wird also nicht die Welt auf Triebsymbole reduziert, sondern umgekehrt werden die Triebsymbole zur Welt erweitert. «